Bielefelder Industriegeschichte
Erfinder und Macher spülen durch Gewerbefleiss Geld in die Kassen
Nähmaschinen wurden in Deutschland ja schon seit einiger Zeit von der Firma Beermann in Treptow bei Berlin produziert und durch den Uhrmacher Böckelmann in Bielefeld vertrieben. Ein begnadeter Feinmechaniker war Nikolaus Dürkopp, der nach seiner Lehre in Herford dann auch beim Uhrmacher Böckelmann die ersten Schritte
ins Nähmaschinengeschäft machte. Man sagte ihm eine eklatante Lese- und Rechtschreibschwäche nach, jedoch dieses Manko glich er mit mechanischen Verständnis und Organisationstalent bei der Wahl seiner Partner bei seinen diversen Firmengründungen aus.
Ruhelos gründete er mit Heinrich Koch eine kleine Nähmaschinenfabrik, aus der später die Kochs Adler AG hervorging. Aber das war alles noch nicht das was er sich vorstellte, Nähmaschinen industriell und preiswert zu fertigen. Nun wagte er wieder eine Ausgründung mit Carl Schmidt zur Produktion von Nähmaschinen, der zu dieser Zeit auch bei Baer & Koch tätig war. Ferdinand Kaselowsky, der erste Direktor der Ravensberger Spinnerei, der in Potsdam, Breslau und Dublin studiert, Maschinen verbessert und optimiert hatte, und einer der reichsten Männer Bielefelds wurde auf diesen Mechaniker aufmerksam. Herr Schmidt konnte mit der Abfindungssumme die Ankerwerke gründen und Richard Kaselowsky wurde Geschäftspartner von Nikolaus Dürkopp, der mit ihm seinen Traum von der Industriellen Fertigung von Nähmaschinen und anderen Gebrauchsgütern erfüllt sah.
Der begnadete Techniker mit den hemdsärmeligen Umgangsformen fand in der Bielefelder „High Society „ nicht den richtigen Platz. So heiratete er mit siebzig Jahren 1912 die 34 Jahre jüngere Emilie Louisa Agnes Helene Jacke, Tochter des Bielefelder Lebensmittelkaufmanns Ludwig Jacke und zog mit Ihr in das lippische Bad Salzuflen wo er eine schlossartige Villa mit Park errichten ließ.
Bielefeld war von 10.000 im Jahr 1850 auf 63.000 im Jahr 1900 angewachsen und hat heute 320 000 Einwohner. Den mittelalterlichen Stadtkern Bielefelds umlagerten Industrie- und Wohnbauten. Die vorhandene Gartenlandschaft verschwand durch die Aktivitäten der damals schon großen Metallfirmen Baer & Koch, die Ankerwerke, Kochs Adler Werke, die Geldkasseten Firma Redecker und nicht zu vergessen die erste Spinnerei Vorwärts an der Eisenbahnlinie Cöln – Minden, die Ravensberger Spinnerei in der Heeper Strasse und Weberei wo heute der Real-Markt ist, immer mehr.
Bielefeld platze aus allen „Nähten“ und als Anfang 1912 der „Johannes Friedhof“ erweitert werden sollte, erwarb der Magistrat der Stadt einen Hektar Wald- und Wiesengelände unterhalb des Kahlen Berges mit dem Bauernhaus der Familie Dreckshage. Das dann dieses Gelände ein Botanischer Garten wurde, geht auf den Vorschlag und das Verhandlungsgeschick von Paul Meyerkamp zurück. Er meinte ein Schulgarten für Schüler die nur noch Rauch und graue Mauern sehen würden, sei sehr gut, denn nur Im Johannesstift gab es beim es ein Heim für benachteiligte Jugendliche, die in freier Luft arbeiten konnten und nicht in die Fabrik mussten.
Die Stadt verzichtete auf die Erweiterung des Friedhofes an dieser Stelle und eröffnete einen neuen Friedhof weit vor der Stadt in der Senne, den heutigen Sennefriedhof.
1912 begann Paul Meyerkamp auf den nach Süden geneigten Hängen einen Garten für die Bürger anzulegen, der keinen Eintritt kostete und für jedermann und zu jeder Zeit geöffnet war, das ist nun 100 Jahre her. Der Botanische Garten ist ein Ort der Farben, Formen und Düfte.
Er hat sich weiterentwickelt von einem „Schulgarten“ zu einem botanischen Kleinod. Liebe Bielefelder geht und besucht den Botanischen Garten mit der Vielfalt von Azaleen, Rhododenron, Seerosen, Rosen, Lavendel jetzt im Frühling, nicht nur weil er 100 Jahre alt geworden ist!
Monika Schäffer